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Katalog 388 | Alte Kunst

515 Savery, Roelant (1577 Kortrijk - vor 1639 Utrecht) „Orpheus und die thrakischen Weiber“. Öl auf Eichenholz. 27,5 x 40,5cm. Signiert und datiert unten links: Roelant / Savery f / 1624. Rahmen. Rückseitig: Auf der Tafel altes Ausstellung- oder Auktionsetikett. Gutachten: Dr. Klaus Ertz, Lingen, 5. Mai 2004. Das Oeuvre des aus dem flämischen Kortrijk stammenden Malers und Radierers Roelant Savery ist geprägt von nahezu paradiesisch anmutenden Landschaften sowie von Tier- und Blumenstücken des kleinen Formats. Beeinflusst vom Werk Jan und Pieter Breugehls d. Ä. übersetzt Savery deren Malqualität in seine allegorisch anmutenden, mit Fabelwesen ausstaffierten Landschaftsstücke. Als Sohn Maerten Saverys stammt Roelant aus einer flämischen Malerdynastie und wird heute zu den größten Landschaftsmalern des niederländischen Manierismus gezählt. Jacob I. Salvery übernimmt als sechs Jahre älterer Bruder und gleichsam Schüler Hans Bols die Ausbildung Roelants. Im Zuge der Religionsverfolgung flieht die Familie von den spanisch besetzten Niederlanden und siedelt schließlich 1585 nach Haarlem über. Die Künstlerfamilie zählt damit zu jenen Übergangsmeistern, die den flämischen Stil in die nördlichen Niederlande überliefern. Kurze Zeit darauf lässt sich der junge Maler in Amsterdam nieder und wird dort gemeinsam mit Maerten sowie mit dessen Lehrmeister Hans Bol tätig. Nach seinem Studium in Amsterdam und dem Tod seines Bruders reist Roelant über Wien weiter nach Prag, wo er fortan als Hofmaler Kaiser Rudolfs II. tätig wird, dessen kaiserliche Sammlung als legendäres Zentrum manieristischer Kunst gilt. Zwischen 1608 und 1610 reist er zu Studienzwecken unter anderem nach Tirol. Nach dem Tod Rudolfs II. führt Savery ab 1614 weiterhin Aufträge für dessen Nachfolger Matthias aus, der nun in Wien ansässig ist. Doch bereits 1616 zieht es ihn nach Holland zurück, sodass er sich nach seiner Rückkehr vom Prager Hof nach einem Aufenthalt in Amsterdam dauerhaft in Utrecht neiderlässt. Dort tritt er in die St. Lukasgilde ein. Zu dieser Zeit wird, im damals üblichen Werkstattbetrieb, sein Neffe Hans zu seinem wichtigsten Assistenten. Zeitlebens gilt Roelant Savery als angesehener Maler Utrechts, wobei er bis in die späten 1630er Jahre Schüler bei sich aufnimmt. Nachdem er 1638 in Konkurs geht, stirbt er ein halbes Jahr später. Zahlreiche seiner Werke befinden sich heute in musealem sowie Privatbesitz. Das zu versteigernde Gemälde besticht durch die Varianz der dargestellten Tierfiguren, die in einer phantastischen Berglandschaft vor einer Turmruine verbildlicht sind. Bezeichnend für das vorliegende Werk ist, dass die mythologische Szene, die dem Gemälde seinen Titel verleiht, im rechten Hintergrund des Bildes sichtbar bis zur Bedeutungslosigkeit an den Rand des Geschehens gerückt wird. Orpheus, nur schemenhaft im hell abgesetzten Bereich zu erkennen, versucht sich vor den Turmruinen gegen den Angriff der thrakischen Frauen zur Wehr zu setzen. Bei der der Mythologie entstammenden Handlung ist Orpheus der Sohn des tharkischen Flussgottes Oiagros und der Kalliope, einer der neun Musen. Zugleich ist er ein gottbegnadeter Sänger und Kitharaspieler. Dem unwiderstehlichen Zauber seines Gesanges, der ihm Macht über die Geschöpfe der Natur verleiht – was in dieser paradiesischen Darstellung gezeigt wir -, kann sich auch der Hades nicht verschließen und gibt ihm seine an einem Schlangenbiss gestorbene Gattin Eurydike zurück, jedoch unter der Bedingung, dass sich Orpheus vor Erreichen der Oberwelt nicht nach seiner Gattin umdreht. Als er gegen dieses Gebot verstößt, verschwindet Eurydike auf immer. In der Trauer über diesen Verlust wird Orpheus zum Frauenverächter und von den thrakischen Mänaden zerrissen. Roelant Savery hat sich mit den Darstellungen von Orpheus inmitten von Tieren sehr viel häufiger befasst als andere seine Zeitgenossen. Typisch für ihn und zugleich erstaunlich ist nur, dass er zwar immer wieder das Thema des Orpheus malte, aber diesen mythologischen Sänger in vielen Bildern nur im Hintergrund, oft sehr versteckt, „auftreten“ lässt – wie auch in unserem Gemälde, in dem die Tiere und die Turmruine die eigentlichen „Hauptdarsteller“ sind. Sein eigentliches Interesse gilt der Gestaltung der Landschaft und der zahlreichen, oft exotischen Tiere, die er auch in seinen Paradieslandschaften immer wieder bevorzugt. „…Das Gemälde aus Maastricht („Orpheus und die thrakischen Weiber“, 27,5 x 42cm, Bonnefanten Museum) ist eine Variante nach dem zu begutachtenden. Dieses bildet in seiner Gesamtheit eine Einheit von überwältigender Schönheit, wie Savery dies in der Zeit um 1624 geschaffen hat.“ Das vollständige Gutachten entnehmen Sie bitte unserer Homepage unter www. van-ham.com. € 80.000 - 120.000 $ 86.400 - 129.600 Alte Meister


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