Chinoserien

Überblick über alle bei VAN HAM versteigerten Objekte

„Goût chinois“ – die Sehnsucht nach dem Paradies

Koppchen und Untertassen mit Chinoiserien, Teller nach Vorbild des japanischen Aritaporzellans sowie Vasen und sogar ganze Service mit Kakiemondekor verdanken ihre Herkunft der Leidenschaft der europäischen Fürstenhöfe für ostasiatisches Porzellan zu Beginn des 18.Jh.

Die aufflammende Chinamode beginnt bereits Mitte des 17.Jh., erreicht aber ihre Blütezeit erst 100 Jahre später, nicht zuletzt dank einem der begeistertsten Porzellansammler dieser Zeit: August dem Starken (1670-1733). Das Machtzentrum des sächsisch polnischen Herrschers wird zum Dreh und Angelpunkt der Chinoiserie. Bis in die 1730er Jahre hinein ist es schließlich Ausdruck des Prestiges und der Macht in jedem europäischen Schloss ein „chinoises“ Kabinett einzurichten. Höhepunkt dieser Entwicklung ist das japanische Palais August des Starken in Dresden.

Da die Einfuhr des asiatischen Porzellans in der Regel sehr teuer war, hofft König August mit seiner eigenen Manufaktur in Meissen das beliebte asiatische Porzellan nachahmen zu können. Versuchte man dort zunächst noch das chinesische und japanische Porzellan exakt zu kopieren – die Vorlagen im Original waren im Palais ja zahlreich vorhanden -  geht die Tendenz später immer mehr dahin, die asiatischen Motive dem europäischen Geschmack anzupassen. Einschneidend ist hier das Eintreten des Porzellanmalers Johann Gregorius Höroldt in die Meissener Manufaktur. Nach und nach entwickelt Höroldt ein festes Gestaltungsprinzip. Auf seinen Porzellanen finden sich „Asiaten als Einzelpersonen und in Gruppen, manchmal in Silhouetten auf weißem Grund, manchmal in einen abgeschlossenen Bilddekor als Staffage integriert“. (Triumph der blauen Schwerter) Höroldt geht noch weiter und beginnt, dank vieler Kupferstichillustrationen der bekannten Reiseliteratur der Zeit, Musterbögen zu entwickeln. Heute ist diese Sammlung loser Blätter als sog. Schulz-Kodex weithin bekannt.

Die eigentliche Bezeichnung „Chinoiserie“ entsteht erst in der ersten Hälfte des 19.Jh. Zur Zeit Augusts des Starken variieren die Begrifflichkeiten von exotisch zu indianisch, chinesisch oder japanisch. Die Bedeutung ist aber immer die gleiche. Als Chinoiserien etablieren sich „märchenhafte Darstellungen mit prachtvoll gekleideten Asiaten, phantastischen Gebäuden, exotischen Pflanzen und Tieren – (sie) führen in eine Geheimnisvolle und fremdartige Welt des fernen Kontinents betrachtet aus der romantisch verklärten ´Sicht der Europäer die darin ein idealisiertes irreales Gegenbild zu ihrem eigenen Dasein erblickten“ (Triumph der blauen Schwerter, S.21).

Literatur:

  • Pietsch, Ulrich & Banz, Claudia (Hrsg.): Triumph der blauen Schwerter – Meissener Porzellan für Adel und Bürgertum 1710-1815, Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden 2010, Leipzig 2010.
  • Exotische Welten: Der Schulz-Codex und das frühe Meissener Porzellan; Katalogbuch zur Ausstellung in Leipzig; 12.03.2010 - 13.06.2010, Grassi Museum für angewandte Kunst.