Sammlung Johann Heinrich Laurenzen

Johann Heinrich "Heinz" Laurenzen und seine Leidenschaft für die Glasmanufaktur Schneider.

Als wir Heinz Laurenzen im Jahr 1989 kennen lernten und zum ersten Mal in sein Haus in Köln-Müngersdorf kamen, waren wir in vielerlei Hinsicht beeindruckt. Dafür war nicht nur die gediegene Atmosphäre seines Hauses verantwortlich, das er mit treffsicherem Geschmack mit immens vielen Kunstgegenständen (insbesondere Glasvasen der Verreries Schneider) eingerichtet hatte, sondern auch der Mensch Heinz Laurenzen, der uns - damals und bei vielen späteren Besuchen in Köln - mit sehr großer Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfing.


Es zeichnete ihn aus, dass er schon sehr früh, als sich noch wenige Sammler in Deutschland für Jugendstil und Art déco interessierten, mit Kennerblick und gutem Geschmack begann, Objekte aus diesen Kunstepochen zu kaufen, die er schön fand, ob es nun etwa Glasvasen von Daum, Gallé, Legras und insbesondere Schneider waren.

Die Glaskunstwerke von Charles Schneider, dem französischen Meister des Art déco, der in einer für seine Zeit einzigartigen Kühnheit Dekore, Formen und Farben miteinander kombinierte, hatten es Heinz Laurenzen besonders angetan.

Zwar lagen die künstlerischen Wurzeln von Charles Schneider als sehr wichtigem Dekor-Designer für die Glasmanufaktur Daum/Nancy im Jugendstil, aber von dieser Stilrichtung übernahm er in seiner eigenen Kunstglasfirma lediglich die Motivwelt aus Flora und Fauna. Die Verwendung von ins Auge stechenden, auffallend bunten, extravaganten und dabei sehr dekorativen Farben war für die Zwanziger Jahre höchst revolutionär und wirkt heute noch sehr modern. Zwar dauerte die Kunstglasherstellung der Verreries Schneider lediglich von 1918 bis 1932, aber es ist wohl kein Zufall, dass diese Zeitspanne mit der Blütezeit des Art déco zusammenfällt. Charles Schneiders Wagemut zur Verwendung ungewöhnlicher Farben und Farbkombinationen, seine Simplifizierung der Dekore - manchmal bis hin zur Abstraktion - und der außergewöhnliche Formenreichtum faszinierten in den Zwanziger Jahren weltweit große Teile der kunstinteressierten reichen Bürgerschicht. Charles Schneiders Kunstobjekte entsprachen um 1925 dem Geschmack des Publikums und hatten damals weltweit einen unglaublich großen Erfolg, sogar in den USA und in Südamerika. Die Glasmanufaktur Schneider überflügelte in ihrer Blütezeit Mitte der Zwanziger Jahre sogar die berühmten Konkurrenten Daum, Gallé und Lalique. Insofern lässt sich durchaus sagen, dass Schneiders Schaffen den Höhepunkt des französischen Art-déco-Glases bildete.

Von Charles Schneiders beiden Linien - die eine mit "Schneider" ' die andere mit "Le Verre Français" signiert -interessierte Heinz Laurenzen ausschließlich die letztere mit ihren geätzten stilisierenden Dekoren und einer extrem bunten Farbenwelt, die heute sogar viele junge Menschen begeistert. Sein erstes Objekt dieser französischen Glasmanufaktur aus Epinay-sur-Seine kaufte Heinz Laurenzen 1971 in Angoulême - eine sehr große Vase mit dem Dekor "Frênes" (52 cm hoch). Mit jedem neuen Stück, das er erwarb - insbesondere in Auktionshäusern, aber auch im Kunsthandel - wuchs seine Leidenschaft für das Werk Charles Schneiders. Er suchte und hielt den Kontakt mit anderen Sammlern, begeisterte und animierte andere zum Sammlungsaufbau, wollte immer auf dem Laufenden sein. Fast jeden Sonntag pünktlich um 11 Uhr 30 rief er bei uns an und fragte: "Was gibt es denn Neues in der Schneider-Welt?" Seine Schneider-Kunstglassammlung baute Heinz Laurenzen durch unermüdliches Suchen auf über 120 Vasen und dadurch zu einer der größten Schneider-Sammlungen in Deutschland aus.

Einer seiner größten Wünsche war, dass es in Deutschland ein neues Buch über Charles Schneider gäbe, denn seit der Ausstellung im Düsseldorfer Kunstmuseum und dem Ausstellungskatalog von Helmut Ricke (1981) hatte sich in dieser Hinsicht nichts mehr getan. Immer wieder drängte er uns und fragte: "Wann kommt denn das neue Schneider-Buch heraus?

"Leider war es ihm auf Grund seiner langen schweren Krankheit nicht mehr vergönnt, die Erscheinung unseres Buches zu erleben - wie sehr hätte er sich darüber gefreut! Wir haben es sehr bedauert, darin zwar Stücke aus einer anderen Kölner Sammlung, aber nicht auch seine Stücke präsentieren zu können, da uns wegen seiner Krankheit der Zugang zu ihm nicht mehr möglich war. Das war schade für ihn, für uns und das Buch, denn er besaß einige Stücke mit höchst seltenen Dekoren, die in anderen Sammlungen nicht auffindbar waren. Schön, dass diese jetzt im Rahmen der Auktion von anderen Sammlern erworben werden können.

Heinz Laurenzen suchte für seine Schneider-Sammlung besonders Stücke mit Motiven in der Farbe Rot, liebte den Kontrast zwischen rotem Dekorüberfang und gelbem Untergrund wie bei den "Pavots" (Mohnblumen). Sehr stark sensibilisierte ihn auch die Farbkombination von rotem Motiv auf hellem rotem Untergrund wie bei den "Cardamines"(Wiesenschaumkraut). Als es ihm gelang, eine Vase mit grünem Überfang mit dem Dekor "Mûriers" (Brombeeren) zu erwerben, war er sehr begeistert, weil Charles Schneider nur sehr selten diese Farbe verwendete.

Bei seinen Käufen achtete Heinz Laurenzen stets sehr auf die Formen der Vasen und darauf, ob die Form mit dem Motiv korrespondierte. Er kaufte gerne Stücke desselben Dekors in verschiedenen Formen, z.B. die "Houblons" (Hopfen), denn er war immer wieder von der immensen Formenvielfalt und davon fasziniert, wie sehr sich Charles Schneider bei seinen Entwürfen damit beschäftigte, jeweils passende Formen für ein Motiv zu finden. Außerdem erwarb Heinz Laurenzen gerne Vasen mit dem selben Dekor in verschiedenen Farben wie die "Chicorées".

Ganz besonders aber interessierte ihn die Jagd nach seltenen unbekannten, nie zuvor gesehenen Dekoren der Glasmanufaktur Schneider, die kein anderer Sammler besaß - einige höchst seltene Exemplare konnte er erwerben, z.B. die "Clematites" (Klematis) in blau oder die "Anémones de mer" (Seerose). Eigentlich hatte Heinz Laurenzen immer im Sinn, dass er seine Sammlung einem Museum stiften wollte, um sie geschlossen der Nachwelt zu erhalten. Er führte diesbezüglich diverse Gespräche mit Museen. Seine schwere Krankheit hat die Ausführung dieses Vorhaben vereitelt. Dadurch aber erhalten Sammler jetzt die Chance, Stücke zu erwerben, die man heutzutage auf dem Markt kaum mehr finden kann. Und wir sind davon überzeugt, dass Heinz Laurenzen die jetzige Auktion auch recht wäre, weil dadurch seine Sammlung geschlossen der Öffentlichkeit präsentiert wird.

In diesem Sinne wünschen wir allen Sammlern und Museen viel Glück dabei, Stücke aus dieser bedeutenden deutschen Schneider-Sammlung von Heinz Laurenzen zu erwerben. Wir freuen uns darüber, dass dessen mit viel Engagement und Begeisterung aufgebaute Sammlung nunmehr einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Viele kannten Heinz Laurenzen zwar als Mentor der internationalen Tanzkunst oder als Kenner französischer Bordeauxweine, aber nie als bedeutenden Kunstglassammler. Es ist schön, dass man ihn durch die Auktion und den Katalog auch von dieser anderen Seite kennen lernen kann und sogar die Möglichkeit hat, Objekte aus seiner Sammlung zu erwerben. Wir wünschen der Auktion und allen Beteiligten viel Erfolg!

Marie-Christine Joulin
Gerold Maier


Sammlung Johann Heinrich Laurenzen

Auktion: Mai 2008


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