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Katalog 379 | Alte Kunst

Aufgegriffen und sehr ähnlich ausgeführt wird das Motiv des Betpults mit Stoffbehang später auch vom Maler eines Retabels, das sich heute in der katholischen Kirche St. Gottfried im hessischen Butzbach befindet (Abb. 9). Wie der Maler der Tafel in Privatbesitz zeigt auch der Maler der Butzbacher Verkündigung einen separaten Schlafraum. Mit zwei weiteren, meines Erachtens auch in der Mainstadt gefertigten Verkündigungsdarstellungen lässt sich die hier besprochene Tafel in Bezug setzen. Sie stehen stilistisch den Werken des Hausbuchmeisters nahe und weisen motivische Verbindungen zu der hier besprochenen Tafel auf. Auf den Flügelaußenseiten des nach St. Goar (Rheinland-Pfalz) gelangten Retabels sind neben dem Betpult und dem Baldachinbett auch die Elemente Anrichte mit kleinen Utensilien sowie Henkelvase aus Messing mit weißen Lilien zu sehen (Abb. 10). Die Variante dieser Verkündigungsszene spielt sich unter freiem Himmel ab. Hier taucht auch das Motiv des hochgestellten Engelsflügels mit Pfauenfedern auf, das uns beispielsweise vom früher, um 1460/70 entstandenen Orlier-Altar vertraut ist (Abb. 11). Die Flügelaußenseiten dieses in leuchtenden Farben ausgeführten gemalten Retabels schuf der in Colmar am Oberrhein tätige Martin Schongauer. Eine weitere Variation der Verkündigung mit Betpult und Baldachinbett ist sodann auf den oben beschnittenen Flügelaußenseiten eines Retabels zu sehen, die 1966 in München versteigert wurden (Abb. 12). Sie werden dem Meister des Monis- Altars zugeschrieben, der ebenfalls sehr wahrscheinlich in Frankfurt am Main tätig war. Das Motiv der überkreuzten Arme ist vielleicht ebenfalls von dem zuvor genannten Orlier-Altar Schongauers abzuleiten. Außerdem wird auch bei der Verkündigung des Meisters des Monis-Altars mit der Anrichte, auf der ein kleines Retabel in Form eines Diptychons – wohl die Zehn Gebote darstellend – sowie Kerzen und ein Buch versammelt sind, ähnlich wie bei der Tafel in Privatbesitz der Ort eines Hausaltars gezeigt. Abb.10 Meister des Hausbuchs, Werkstatt, Kreuzigungsretabel, Flügelaußenseiten (je ca. 140 x 57 cm). St. Goar, kath. Pfarrkirche St. Goar Schließlich findet sich noch eine nahestehende Variante der Verkündigung bei dem sehr wahrscheinlich in Worms tätigen Meister des Wolfskehler Altars (Abb. 13). Dieser Maler erhielt seinen Namen nach einem Schreinretabel aus der Kirche im hessischen Wolfskehlen, das in das Hessische Landesmuseum Darmstadt gelangte. Ihm waren möglicherweise manche der zuvor aufgezählten Werke geläufig. Sein Stil unterscheidet sich deutlich von diesen, und er verwendete ein leuchtenderes Kolorit. Kurz seien die gemeinsamen Elemente, die auf den Flügelaußeseiten des Wolfskehler Retabels zu sehen sind, mit der Tafel in Privatbesitz aufgezählt: das Holztonnengewölbe und das Fliesenmuster, das Betpult mit aufgeschlagenem Buch, Maria mit vor der Brust verschränkten Armen sowie eine separate Hauskapelle, wie sie in Patrizierhäusern des 15. und 16. Jahrhunderts vorzufinden war. Die Zusammenstellung der am Mittelrhein bzw. in Frankfurt entstandenen Verkündigungen lässt durch die vielfa- Abb.9 Am Mittelrhein (in Frankfurt/M.?) tätiger Meister, Marienretabel, Flügelaußenseiten (je 150 x 83 cm). Butzbach, kath. Kirche St. Gogried ehemals Markuskirche? Alte Meister Hausbuchmeister


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