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Katalog 381 | Moderne Kunst

Das weite Land, aus „.dieser Fläche steigt das Wuchernde: die Gräser, die Bäume, das Gesträuch. (...) Die Dinge der Nähe, wie sind sie eingebettet in Unendlichkeit. Wie sind die Tierleben und die Menschenleben eingehüllt in die Unendlichkeit.“ (Pankok aus: Das weite Land, zit. nach: Ausst.-Kat. Otto Pankok – Regenbilder 1917-1966, Karl-Ernst-Osthaus- Museum, Hagen 1980, o.S.). Otto Pankok ist ein Einzelgänger in der Kunst. Inspirationen und neue Impulse für sein Schaffen erhält er nicht in den avantgardistischen Künstlerkreisen in Berlin, wo er nach dem Ende des 1. Weltkriegs für kurze Zeit lebt, noch in Düsseldorf, wo er sich dann 1919 niederlässt. Dort wird er Mitglied der Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“ wie auch der Künstlergruppe um die Galeristin Johanna Ey und setzt sich mit expressionistischen Stilmitteln auseinander. Doch muss er bald erkennen, dass diese nicht mit seinem Anliegen einer humanistischen Kunst zusammen passen. 1922 bricht er mit den Bestrebungen nach einer gegenstandlosen Ausdrucksweise, denn er will nicht ein distanzierter Beobachter sein, der das Gesehene auf einer abstrakten Ebene reflektiert. Vielmehr sieht er sich in direkter Beziehung zu all dem, was ihn umgibt, und nähert sich diesem mit großem emotionalen Engagement und tiefem Einfühlungsvermögen. So hält er auf der stetigen Suche nach der Wahrheit in allen Dingen, nach dem ureigenen Wesen von Natur, Menschen und Tier immer am konkreten Gegenstand fest. Dabei sind ihm van Gogh, Rembrandt van Rijn, Jean- François Millet und Emile Verhaeren große Vorbilder. Um unabhängig von den Kunstströmungen der Zeit seinen ganz eigenen, realistisch-expressiven Stil weiter zu entwickeln, zieht Pankok sich in den folgenden Jahren immer wieder in abgelegene Dörfer zurück. Denn hier findet er in der Umgebung seine „stille Ekstase“. Anregungen und passende Motive findet er auch auf den vielen Reisen, die er von 1921 an unternimmt - in den Landschaften Norddeutschlands und Hollands und ab 1925 Italiens und Frankreichs. Von 1926 bis 1928 lebt er dann im niederrheinischen Drevenack bei Wesel. In diesen Jahren wählt er immer wieder die Natur in ihren vielfältigen Äußerungen zum Bildthema: den weiten Horizont, die saftigen Wiesen, den Landweg, den Wald, das Wasser, das Rauschen der Bäume, den Regen, ... Dabei gibt er in seinen Landschaftsbildern nicht „nur“ das wieder, was er sieht, sondern vor allem das, was er angesichts des Vorgefundenen fühlt: vitale Lebensfülle und Wertschätzung der Schöpfung. Um den Betrachter diese „Wahrheit der Dinge“ zu veranschaulichen und ihn zugleich zu einer Meditation anzuregen, reduzierte er immer mehr den Bildaufbau auf das für ihn Wesentliche. Bedingt durch die Repressalien der Nationalsozialisten – 1937 erhält er Arbeitsverbot – zieht Pankok sich erneut auf das Land zurück. So lebet und arbeitet er von 1938 bis 1940 im Emsland (Bokeloh) und dann bis zum Endes des 2. Weltkrieges in der Eifel (Iversheim und Pesch). Während dieser unsicheren Zeit wendet er sich wieder verstärkt dem Thema Natur zu. Denn dieses birgt für ihn weniger politische Gefahr, als seine Darstellungen vom Menschen am Rande der Gesellschaft, die er seit 1929 zeichnet. Eine ganze Reihe von Bildern fertigt er nun auch im Atelier an wie etwa Blumenstilleben. Zudem signiert und datiert er seine Arbeiten nicht, sondert kennzeichnet sie mit seinem Monogramm. Die hier vorgestellte Reihe von Landschaftsbildern gibt einen Einblick in die eindrucksvolle Malerei Pankoks. Wie bei diesen ist stets die Kohle sein einziges Handwerkszeug. Allein aus der „Nichtfarbe“ Schwarz und ihren vielfältigen Grauabstufungen sowie dem Weiß des Papieres schafft er subtile Kompositionen, deren Reiz wir uns nicht entziehen können. Hierzu trägt auch das gewählte große Format bei, durch das er ihre Wirkung verstärkt.


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