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Katalog 388 | Alte Kunst

Plinio Nomellini Plinio Nomellini war einer jener Künstler, der die Moderne in Italien in Schwung brachte und der von klassenkämpferischen Arbeiterbildern über symbolistische Traumszenen bis zu divisionistischen Farbspielen die gesamte Klaviatur der Malerei seiner Zeit virtuos beherrschte. (1866 – 1943) Betrachtet man die Malerei um 1900 in Europa, so fallen - bei allen nationalen Besonderheiten – doch Parallelen auf, die zeittypisch sind. Viele Künstler, die Mitte des 19. Jahrhunderts geboren werden, wenden sich ab von den Traditionen der Akademien. Es entstehen die Sezessionsbewegungen. Aus Frankreich kommen die Anregungen, der lichtdurchflutete Impressionismus und Pointilismus, zeitversetzt, aber auch europaweit parallel, Symbolismus und Jugendstil. Die neue Malerei wird zunächst abgelehnt, verachtet, dann – auch von moderneren Käuferschichten – langsam akzeptiert, verstanden, gefeiert. 1866 geboren, kam Nomellini als Stipendiat 19-jährig nach Florenz, wo er bei der „alten Garde“ der Revolutionäre lernte und als Freund aufgenommen wurde. In Italien waren die „Macchiaioli“ eine Künstlergruppe, vergleichbar mit der Schule von Barbizon in Frankreich; in diesen Freundeskreis von Giovanni Fattori, Silvestro Lega und Telemaco Signorini kam der Junge aus Livorno. Und er hatte schnell Erfolg: 1888 gelang ihm der Durchbruch mit dem Gemälde „Il fienaiolo“, das zunächst in Florenz ausgestellt und 1889 zur Weltausstellung nach Paris eingeladen wurde. 1890 verließ Nomellini Florenz. In Genua änderten sich Ausdrucksform und Inhalt, seine sozialen Interessen und die Nähe zu anarchistischen Kreisen bestimmten die Bildthemen, malerisch entwickelte sich sein Stil hin zum Divisionismus. Mit dieser neuen Ausrichtung wurde er zum Mittelpunkt der „Gruppo d‘Albaro“. Sein soziales Engagement indes brachte ihn fast zum Straucheln: wegen anarchistischer Umtriebe wurde Nomellini 1894 verhaftet und vor Gericht gestellt. Die Verteidigung durch seinen Freund und Mentor Signorini führte jedoch zum Freispruch. Seine künstlerische Karriere blieb von dieser Eskapade unbehelligt. Nomellini entdeckte in den folgenden Jahren auch den Symbolismus für sich. 1907 gestaltete er, gemeinsam mit Galileo Chini und Eduardo di Albertis, „La sala del sogno“ (den „Raum des Traumes“) bei der VII. Biennale in Venedig. Wie immer Nomellinis Stilwechsel und seine inhaltlichen Ausrichtungen seine Malerei veränderten, er war einer der maßgeblichen Protagonisten der Italienischen Malerei des frühen 20. Jahrhunderts. Der Maler pflegte Kontakt, war befreundet und arbeitete zusammen mit den Kultur-Größen seiner Zeit darunter Giacomo Puccini, Gabriele D‘Annunzio, Giovanni Pascoli, Eleonora Duse, Isadora Duncan. Nomellinis Werke wurden von der Kritik hoch gelobt, von Sammlern umworben. Internationale Ausstellungen Italienischer Malerei zeigten immer auch Werke Nomellinis ob in St. Petersburg, Buenos Aires oder Athen. Auf der XII Biennale in Venedig, wurde Nomellini mit einer eigenen Ausstellung von circa 40 Gemälden geehrt.


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