Page 60

Katalog 390 | Modern

43 Jawlensky, Alexej Modern (1867 Twer/ Moskau - 1941 Wiesbaden) Variation: Winter. 1915. Öl auf Papier mit Leinenprägung, auf Karton aufgezogen. 35 x 27cm. Monogrammiert unten links: A.J. Verso betitelt, signiert und datiert: Winter A v Jawlensky 1915. Modellrahmen. Provenienz: Galerie Hildesheimer, Wiesbaden Sammlung Max Kugel, Wiesbaden Privatsammlung Deutschland Kunsthandel Brigitte Büdenhölzer, Emmendingen Privatsammlung Ausstellungen: Neues Museum Wiesbaden, 1954, vermutlich Nr. 51 (hier datiert: 1916) Kunstkabinett Klihm, München 1954, vermutlich Nr. 25a Städtisches Museum Wiesbaden, 1957, vermutlich Nr. 78 Literatur: Jawlensky, Maria/Pieroni-Jawlensky, Lucia/ Jawlensky, Angelica: Alexej von Jawlensky - Catalogue Raisonné of the Oil Paintings, Volume Two, 1890-1914, WVZ.-Nr. 688, S. 81 (Abb.) Weiler, Clemens: Alexej Jawlensky, Köln 1959, Nr. 602, S. 269 (Abb.) Ausst.-Kat. Gedächtnisausstellung, Neues Museum Wiesbaden, Wiesbaden 1954. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zwingt Alexej Jawlensky Deutschland zu verlassen. Zunächst siedelte er nach St. Prex am Genfer See über, lebt 1917 einige Monate in Zürich und lässt sich dann im Jahr darauf in Ascona nieder. Schon bald beginnt für ihn eine äußerst produktive Schaffensphase. Dabei wendet er sich der Landschaftsmalerei zu und variiert von 1914 bis 1921 unermüdlich ein Thema - den Ausblick aus seinem Zimmer in St. Prex: Den schmalen Gartenweg, der an einer Mauer entlang zum Tor führt und von Bäumen flankiert wird sowie die in der Ferne erscheinenden Berge am gegenüberliegenden Seeufer. In dieser konsequenten Auseinandersetzung findet Jawlensky, angeregt durch Robert Delaunay und die französischen Kubisten, zu einer radikalen Veränderung seiner Formensprache und Farbpalette hin zur Abstraktion: Weg, Bäume, Büsche, See und Berge reduziert er immer mehr zu runden und ovalen Flächen, wodurch er den Bezug zur realen Welt aufhebt. Auch bei seiner, nur bedingt beschreibenden Farbgebung greift er nicht mehr auf Bekanntes zurück. Zugleich vereinfacht er den Bildaufbau, wobei er die Vertikalachse zunehmend hervorhebt. Schließlich negiert er die Horizontlinie, so dass Objekte und Raum zu einer Einheit verschmelzen und ein Vorne und Hinten nicht mehr existiert. Nur die Schwerkraft der Formen lässt er bestehen, womit es immer ein Oben und Unten gibt. Ein wunderschönes Beispiel für Jawlenskys neue Ausdrucksmöglichkeiten ist unsere „Variation: Winter“. Auch diese Komposition ist bestimmt von einer klaren Anordnung der fest zusammengefügten Farbflecken, deren leuchtendes, kühles Kolorit ihr eine tiefe Ausstrahlung verleiht. Die eigenwillige Dynamik wird nicht nur durch das Gegeneinander oder Miteinander der Farbwerte erzeugt, sondern auch durch die lockere, fast heitere Pinselführung – mal durchgezogen, mal unterbrochen oder getupft. Innerhalb dieser reinen Formen- und Farbenwelt sind bestimmte landschaftliche Elemente bzw. Gegebenheiten kaum noch auszumachen. Wie hier hat sich Jawlensky völlig von der traditionellen Landschaftsmalerei gelöst und schildert nun eine ganz persönliche Sichtweise der erlebten Natur. Das Gesehene hat er dabei zu einem fast stereotypen Formenraster reduziert, das er bei nur unwesentlich veränderten Strukturen bis zum Abschluss der Reihe beibehält. Dies ermöglicht es ihm, mittels äußerst nuancierter Farbkombinationen seine ebenso fein abgestufte innere Gefühlswelt bildnerisch zu übersetzten. So scheinen seiner Ausdrucksvielfalt keine Grenzen gesetzt zu sein, jede einzelne „Variation“ beinhaltet ihren eigenen Charakter und ihre besondere Dynamik. € 100.000 - 150.000 $ 107.000 - 160.500


Katalog 390 | Modern
To see the actual publication please follow the link above