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Katalog 388 | Alte Kunst

Gustav Bauernfeind Gustav Bauernfeind ist nicht nur auf Grund seiner fantastischen Bilder ein bemerkenswerter und hochinteressanter Künstler, sondern dass er als einziger deutscher Orientalist sogar mit seiner Familie nach Palästina übergesiedelt war. In den Jahren 1880/81 und 1884–1887 hatte er zunächst längere Reisen unternommen durch Palästina, Libanon und Syrien. Auf diesen Reisen fertigte er unzählige Skizzen in Bleistift, Aquarell und Öl an. Detailgetreu studierte der gelernte Architekt vor allem die Architektur in den Städten Jerusalem und Damaskus. Sein besonderes Interesse galt den religiösen Stätten aller drei monotheistischen Religionen. Viele Bilder des christlichen Felsendomes und der Zugangspforten des geschlossenen Areals, der jüdischen Klagemauer und der berühmten moslimischen Ommayadenmoschee in Damaskus sind uns heute bekannt. Hierfür erstellte er auch zahlreiche Studienblätter architektonischer Details und Figuranten für die Staffage. Meistens bezahlte er ortsansässigen Modelle für das Posieren. Des Weiteren entstanden kleinere, schneller erstellte Ölgemälde, die in einer flüchtigeren Manier Straßenszenen und Märkte erfassen. Die berühmten großformatigen Arbeiten entstanden dann überwiegend auch auf Grund der Tatsache, später im Münchner Atelier. Hier fertigte er unzählige Variationen seiner erfolgreichsten Ansichten an. Die ersten beiden Reisen sind außerordentlich gut dokumentiert durch zahlreiche Briefe an die Familie und Kollegen in Deutschland. Auf der zweiten Reise nach Damaskus führte er ein ausführliches Tagebuch, das als einzigartiges Zeitdokument angesehen werden kann. Es ist eine der seltenen ausführlichen Beschreibungen eines Deutschen im Orient des 19.Jahrhunderts. Dieses Tagebuch gibt Aufschluss über unvorstellbare Schwierigkeiten für einen Maler in dieser Region seiner Arbeit nachzugehen. Nicht nur das heiße ungewohnte Klima machte ihm zu schaffen, sondern auch viele Anfeindungen und Missverständnisse seitens und mit der lokalen Bevölkerung und religiösen Gruppierungen. Auf diesen Reisen war er noch als Junggeselle alleine mit einem ortsansässigen Führer unterwegs und schlief in Hotels und angemieteten Wohnungen in Jerusalem, Jaffa und Damaskus. 1897 hatte er sich dann aus materiellen und familiären Gründen entschieden, Deutschland zu verlassen und ganz nach Palästina zu ziehen. Da er seine Frau und seinen kleinen Sohn mitnahm ergab sich für ihn eine völlig neue Verantwortung gegenüber der Familie, die auch seine Arbeitsweise beeinflusste. Er wandte sich neuen Themen außerhalb der teuren und gefährlichen Städte zu und fand diese auf langen Reisen durch Palästina in der Landschaft. Seine Frau begleitete ihn hierbei und kümmerte sich um alle alltäglichen Notwendigkeiten. Sie hielt Gustav den Rücken frei, um sich ganz der Malerei zu widmen. Jetzt entstanden fantastische Ansichten von den heiligen Städten aus der Ferne gesehen und atmosphärische Landschaften. Er interessierte sich jetzt auch zunehmend für unterschiedliche Lichteinfälle und Stimmungen, begann oft um 6 Uhr morgens im Freien zu malen. Mehrere Reisen führten ihn in das Jordantal, Hinomgebirge, Ebene von Jericho, Bethlehem und an das Tote Meer. (1848 – 1904)


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