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Katalog 394 | Netsuke

wie von Geistern geführt - wach wurde, sobald ein Stück, das ihn interessierte, aufgerufen wurde. In diesen ersten Jahren traf ich auch hier in Köln den prominenten Pianisten und Brahms-Interpreten Julius Katchen, der es liebte, seine Konzert-Tourneen mit dem Besuch von Händlern und Sammlern zu verbinden, wobei es ihm oft gelang -sehr beredt und eindringlich, wie er war - dem einen oder anderen Verehrer seiner Kunst, so manches wichtige Stück abzuschwatzen. Es geht sogar die ‚Story’, dass er einmal in Süd-Ost-Europa androhte, ein Konzert nicht zu geben, wenn man ihm nicht das berühmte Netsuke von Getchu für sein Konzert überlassen würde, was daraufhin ein Mitglied der Regierung anordnete, offenbar ein großer Musik-Liebhaber! Die Sammler Emil Damm aus München und Kurt-Robert Jordan aus Lüdenscheid widerstanden nicht ganz so dramatischen Vorschlägen mehr oder weniger. Ich erinnere mich lebhaft eines Besuches bei dem betagten Sammler-Ehepaar Jordan, denen ich an einem Sonntag vor der Auktion die Schätze der anstehenden Auktion in ihrem schönen Heim in Lüdenscheid zeigte. Dabei traf ich auf ein angesichts des frühen Todes von Julius Katchen arg erschüttertes, altes Paar, das mir mit Tränen in den Augen vom letzten Besuch des kürzlich verstorbenen Pianisten berichtete. Zu den damals regelmäßig unsere und ab 1973 meine als „Kunsthandel Klefisch“ durchgeführten Auktionen besuchenden Sammlern zählte auch Paul Spahn aus Zürich, den die Schweizer als Sprecher der Tagesschau täglich erlebten, und dem ich unzählige Male auf Auktionen in London und Paris begegnete. Eines schönen Tages traf ich ihn vertieft in das Studium köstlicher Inrô und Netsuke in Kyôto bei Kenzo Imai, in dessen kleinem Häuschen auf der Shinmonzen-Straße. Bei meiner ersten Auktions-Ausstellung im malerischen Wasserschloss Inzlingen bei Basel im Mai 1995 kam Dr. Spahn sogar mit dem Taxi von Zürich dort angereist. Eine unlängst beschriebene Gruppe Inrô ursprünglich aus seinem Besitz verrät den akribischen Sammler, der stets seinen Stücken einen Zettel beigab mit dem Jahr des Ankaufs, oft dem Namen des Vor-Besitzers, wobei sich bekannte Namen finden wie die legendäre Pariser Händlerin Mariane Densmore, den ebenfalls in Paris tätigen Händler Aoyma oder den in St. Gallen tätigen Kunst-Vermittler Rigozzi, dessen Haupt-Einkaufsquelle ebenfalls Paris war. Auch Ueli Zwicky aus Basel gehörte zu den regelmäßigen Kunden von Rigozzi und den 1. Teil seiner Sammlung versteigerte ich in meiner 12. Auktion. Schon zu Beginn meiner Ausbildung lernte ich als Einlieferer den vielseitig interessierten Herrn Sylvain Buzaglo aus Amsterdam kennen, der tragischerweise 1967 bei einem Flugzeug-Absturz in Zypern ums Leben kam. Ihn führten seine Einkaufsreisen wegen seiner Liebe zur Keramik schon früh nach Japan, später kamen auch die Netsuke dazu, nachdem er sich mit Raymond Bushell dort angefreundet hatte. Aus seiner Sammlung bieten wir in dieser Auktion wieder einige Kagamibuta an. Sein durch den plötzlichen und tragischen Tod von heute auf morgen zum Chef des Unternehmens katapultierte Nachfolger Albert Roovers sprang vehement und mit viel Mut und großem Engagement in diese Lücke, pflegte die Kontakte zu den Händlern auch in Kanton und später Peking, besuchte aber stets auch Tôkyô und Kyôto und bahnte mir später manchen Weg in Japan in den ersten Jahren meiner Unabhängigkeit. In dieser Zeit Jahren tauchte auch der vielseitig interessierte Johan Somerwil auf, ein Verleger aus Amsterdam, der mit großem Engagement und ausgezeichnetem Blick für ungewöhnliche Darstellungen eine umfangreiche und sehr variationsreiche Sammlung „Netsuke“ aufbaute, dazu faszinierten ihn aber auch die Holzschnitte vor allem von Kuniyoshi und später ebenso die buddhistischen Skulpturen. Sein Erscheinen auf Auktionen belebte die Gruppe der Sammler, von denen sich manche durch seine stets offen gezeigte Begeisterung anstecken ließen. Bis heute beleben seine nachgelassenen Netsuke (siehe auch diesen Katalog), seine Bücher, u.a. das über seine Pilgerreise durch Shikoku, über die er einmal in meiner Galerie einen sehr anregenden und amüsanten Vortrag hielt, immer noch den Markt für japanische Kunst. Diese über lange Jahre intensiv von mir gepflegten Kontakte, deren Bindeglied stets die geteilte Freude und Liebe zu den Besonderheiten vor allem der japanischen Kunst waren, konnte ich seit Winter 2014 in eine Asien-Abteilung bei Van Ham einbringen, der ich nun ein weiteres und gutes Gelingen wünsche. Trudel Klefisch, Köln, Mai 2017


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