Franz Gertsch - Irene VIII, 76119-1, Van Ham Kunstauktionen
Franz Gertsch: Irène VIII aus unserer Rubrik: Post War Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle
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Franz Gertsch - Irène VIII

1930 Mörigen/Schweiz - 2022 Riggisberg/Schweiz

Modern | Post War | Contemporary Art
am 05.06.2023, Los 49
Taxe: € 350.000
Ergebnis: € 501.600
(inkl. Aufgeld)

Auktion Deutscher Auktionsrekord für diesen Künstler. (In dieser Auktion)

GERTSCH, FRANZ
1930 Mörigen, Schweiz - 2022 Riggisberg, Schweiz

Titel: Irène VIII.
Datierung: 1981.
Technik: Gouache auf Karton.
Maße: 49,5 x 70cm.
Bezeichnung: Datiert und signiert verso oben: Nov. 81 Franz Gertsch.
Rahmen/Sockel: Rahmen.


Provenienz:
- M. Knoedler, Zürich (Aufkleber)
- Collection of Louis K. and Susan P. Meisel, New York
- Bernaducci.Meisel.Gallery, New York (Aufkleber)
- Louis K. Meisel Gallery, New York (Aufkleber)
- Privatsammlung New York

Ausstellungen:
- Louis K. Meisel Gallery, New York 1981/82
- Moos Gallery, Toronto 1984
- Louis K. Meisel Gallery, New York 1987/93/96/00/07
- Kunsthalle Tübingen, 2012/13
- Saarland Museum, Saarbrücken 2013
- Birmingham Museum & Art Gallery, 2014
- Museo de Bellas Artes, Bilbao 2014/15
- Musee d'Ixelles, Brüssel 2016
- Osthaus Museum, Hagen 2016/17
- Kunsthal Rotterdam, 2017
- Parrish Art Museum, Water Mill, NY/USA, 2017/18
- Flint Institute of Arts, Flint, MI/USA, 2018
- Herbert Johnson Museum at Cornell University, Ithaca, NY/USA, 2019

Literatur:
- Louis K. Meisel: Photorealism Since 1980, New York 1993, Kat.-Nr. 663, S. 221, Abb.
- Letze, Otto (Hrsg.): 50 Years of Hyperrealistic Painting. Ostfildern 2012, S.

83, Abb.
- Letze, Otto (Hrsg.): Hyper Realisme 50 Jaar Schilderkunst, Zwolle 2017, S.72/73, Abb.

- Aus der wichtigen, hyperrealistischen Werkphase des Künstlers, mit dem er in den 1970er Jahren seinen internationalen Durchbruch erlangte
- Beeindruckende Ausstellungshistorie
- Seine frühen Werke vermitteln einen Einblick in die junge Gegen- und Subkultur der Zeit
- Werke aus der Porträt-Serie der frühen 1980er Jahre zählen zu den gefragtesten Werken des Künstlers auf dem Kunstmarkt
- Höchst eindringliche Darstellung der Lady Shiva, welche als Schweizer Ikone und Diva weitreichenden Ruhm erlangte

In den 1970er Jahren macht Franz Gertsch mit seinen großformatigen Szenenbildern, gemalt in einem hyperrealistischen Stil, Furore. Eigentlich ist die Zeit von konzeptueller, visuell reduzierter Kunst angebrochen, die einen anderen, ebenfalls radikalen Zugang zur Realität eröffnete. Den Durchbruch erlebt Gertsch 1972 auf der von Harry Szeemann verantworteten Documenta V, wo der für die Malerei verantwortliche Co-Kurator Jean Christophe Ammann seine Werke in einem Raum mit dem ebenfalls erstmals auf der Documenta vertretenen Gerhard Richter präsentiert. Besonders bekannt wird das großformatige Bild "Medici", das fünf Mitglieder der Berner Hippieszene zeigt, die sich leger auf ein Bauschild stützen, auf dem der Name der Firma - medici - lesbar ist. Das Bild, das Peter Ludwig erwirbt und das heute im Aachener Ludwig Forum hängt, ist im Licht einer Diaprojektion gemalt - quasi ein Schnappschuss, der durch das übergroße Format und die detaillierte Malerei beeindruckt. In den siebziger Jahren entsteht eine ganze Reihe von solchen Bildern mit Motiven aus der Berner Szene, in der der Künstler Luciano Castelli die zentrale Position einnimmt. Über Castelli lernt Franz Gertsch Irène Staub, Modell in den Berner Künstlerkreisen kennen, die als Prostituierte im Berner Rotlichtmilieu arbeitete.
Lady Shiva alias Irene Staub (1952 bis 1989) gilt als eine der großen Schweizer Diven der bewegten Epoche zwischen 1968 und den späten 1980er-Jahren. Dank ihrer Ausstrahlung und Selbstmystifikation öffneten sich schnell alle Türen.
Irene Staub wurde von einer Pionierin des Schweizer Modedesigns entdeckt und schaffte den Aufstieg von der Straßenprostitution bis in die angesagte Kunstwelt, in der sie als Muse, Model und Performerin große Erfolge feierte. Doch ihrem Karrieresprung zum Trotz blieb Irene Staub stets eine Seiltänzerin zwischen den Welten und jagte ihren Träumen nach. So versuchte sie sich auch als Sängerin der legendären Zürcher Undergroundband "Dressed Up Animals". Zuletzt forderte das Leben auf der Überholspur seinen Tribut: Aufgerieben zwischen Erfolg, Freiheitsdrang und Selbstzerstörung verstarb sie jung, unter nicht restlos geklärten Umständen, bei einem Motorradunfall in Thailand.
In "Irène und Luciano" (Abb. 1) malt er sie 1977 zusammen an einem Tisch sitzend (Hannover, Sprengel-Museum). Ende der 1970er Jahre beendet Gertsch die Reihe der situativen, mehrfigurigen Szenenbilder und konzentriert sich in seinen Gemälden auf eine einzige Person. So entsteht 1979 eine Serie von der Künstlerin Patty Smith, von deren Auftritt in der Kölner Galerie Turske er Fotos gemacht hatte, die ihm als Vorlagen für fünf großformatige Arbeiten dienen.
Anschließend malt er 1980 ein Schlüsselwerk, ein Selbstbildnis, das den Künstler im Alter von fünfzig Jahren im Überformat zeigt, in Gedanken versunken und aus dem Bild schauend. Der poppige Charakter der Bilder der 1970er Jahre weicht einer ernsthafteren, eher melancholischen Motivik, in der sich auch ein sich wandelndes Verständnis der Malerei zeigt.
Das Selbstporträt wird der Ausgangspunkt für eine Reihe von monumentalen Porträts, insgesamt neun Gemälden von fünf Frauen, die alle ohne räumlichen Kontext porträtiert sind (1980-1985). Das vordergründige Zeitgemäße der Bilder der Siebziger tritt hier in den Hintergrund, die Gesichter erscheinen wie Landschaften, die Hintergründe wie monochrome Farbfelder. Das erste Porträt, das 1980 entsteht, zeigt Irène. Sie blickt mit kühler Präsenz aus dem Bild heraus, frisch geschminkt und gekleidet in einer blauen Jeansbluse. Es ist eines der eindrucksvollsten Bilder von Franz Gertsch, ein furioser Start in seine Serie von Frauenbildnissen, die in den nächsten Jahren entstehen. In einem Text in der Zeitschrift "Du" heißt es über das Bild: "Der Gertsch hat ein neues Bild gemalt, ein schreckliches Bild". In einem Interview mit "Du" 2008, sagt der Künstler: "Irènes Gesicht war schon gezeichnet von ihrem Leben, aber es war kraftvoll und strahlte den Willen zur Schönheit aus." Heute gilt das Bildnis "Irène" als eine Ikone der achtziger Jahre. So wird das Bild als Umschlag- und Plakat-Motiv für die große Schau "The 80s" in der Wiener Albertina 2021/22 ausgewählt (Abb.2).
Für Franz Gertsch bildet die Suche nach einem neuen, bildwürdigen Motiv immer eine große Aufgabe. Manchmal braucht er lange um sich festzulegen, immer mit dem Bewusstsein, dass das Malen eines neuen Motivs viel von seiner kostbaren Lebenszeit beanspruchen wird. Nach der Vollendung des großen Bildes beschäftigt er sich weiter mit Irène, das heißt mit den fotografischen Vorlagen, die zur Vorbereitung des großen Gemäldes entstanden waren. Neunzehn Aquarelle und Gouachen zeigen Irène (1981-1982). In diesen Gouachen (den letzten des Künstlers; in den folgenden 40 Jahren wird Gertsch nicht mehr auf Papier malen) variiert der Maler das Blau der Bluse, den Ausschnitt des Kopfes, und die Kopfhaltung. Verschiedene Möglichkeiten werden durchdekliniert, sicher auch mit dem Gedanken ihr ein weiteres Bildnis zu widmen.
Das Aquarell "Irène VIII" könnte man als das Sachlichste bezeichnen. Die Dargestellte blickt mit ihren grünen Augen neutral, weniger forschend oder misstrauisch als bei den anderen Darstellungen. Das Gesicht, akzentuiert durch die Augen und Lippen, wird nur durch wenige Striche profiliert, die Hautfarbe verschmilzt mit dem Hintergrund. Das blonde Haar, das das Gesicht umrahmt, verflüchtigt sich und scheint sich aufzulösen, ebenso wie der schwertförmige Ohrring. Die Kleidung, die im Gemälde sowohl durch die Intensität der Farbe als auch durch den Raum, der ihr gegeben wird, mit bildbestimmend ist, fällt hier erstmals weg. Die völlige Fokussierung auf das Gesicht, das den späteren Porträts ihre Kraft verleiht, wird hier in dieser Gouache zum ersten Mal sichtbar.
Gertsch hat in dieser großen Papierarbeit ein starkes Porträt geschaffen, kraftvoll und fragil zugleich, ein Zeugnis hohen künstlerischen Ranges. Das Bild ist eine der sehr seltenen auf Papier gemalten Arbeiten in seinem Oeuvre und somit eine absolute Rarität im internationalen Kunsthandel.
(Drs. Guido de Werd).

Profilbild Hilke Hendriksen

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