Franz Gertsch - SchwarzwasserSchwarzwasser I Petrol, 76555-1, Van Ham Kunstauktionen
Franz Gertsch: Schwarzwasser/Schwarzwasser I (Petrol) aus unserer Rubrik: Post War Grafik
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Franz Gertsch - Schwarzwasser/Schwarzwasser I (Petrol)

1930 Mörigen/Schweiz - 2022 Riggisberg/Schweiz

Modern | Post War | Contemporary Art
am 05.06.2023, Los 13
Taxe: € 120.000
Ergebnis: € 191.400
(inkl. Aufgeld)

Auktion Deutscher Auktionsrekord für eine Grafik dieses Künstlers. (In dieser Auktion)

GERTSCH, FRANZ
1930 Mörigen, Schweiz - 2022 Riggisberg, Schweiz

Titel: Schwarzwasser/Schwarzwasser I (Petrol).
Datierung: 1990/91.
Technik: Farbholzschnitt (Handabzug) auf Kumohadamashi-Japan von Iwano Heizaburo.
Darstellungsmaß: 234 x 182cm
Blattmaß: 276 x 217cm.
Bezeichnung: Signiert und nummeriert verso.
Herausgeber: Franz Gertsch/Turske & Turske, Zürich (Hrsg.).
Exemplar: 4/20.
Rahmen: Künstlerrahmen.


Das Blatt wurde vom Künstler in Kooperation mit dem Drucker Nik Hausmann gefertigt.

Provenienz:
- Privatsammlung Nordrhein-Westfalen
- Privatsammlung Berlin

Ausstellungen:
- Museum Franz Gertsch, Burgdorf 2016 - 2023 (Dauerleihgabe)

Literatur:
- Firmenich, Andrea (Hrsg.): Franz Gertsch - Holzschnitte. Aus der Natur Gerissen, Köln 2013, WVZ.-Nr. 12, S. 119, Abb.
- Mason, Rainer Michael (Hrsg.): Franz Gertsch - Holzschnitte (3. erw. Aufl.), Zürich 1991, WVZ.-Nr. 12c, Abb.
- Vgl. Ausst.-Kat. Franz Gertsch - Geheimnis Natur, Museum Frieder Burda, Baden-Baden, Stuttgart 2014, S. 35, Abb.
- Vgl. Ausst. Kat. Franz Gertsch. Retrospective, Kunstmuseum Bern/Museum Franz Gertsch, Burgdorf, Stuttgart 2005/06, S. 178/179, Abb.
- Vgl. Graphische Sammlung der ETH Zürich (Hrsg.): Franz Gertsch.

Landschaften, Stuttgart 1993, S. 19, Abb

- Einer der gesuchten monumentalen "Schwarzwasser" Holzschnitte in der thematisch abgestimmten Farbgebung Petrol
- Die Exemplare der Auflage variieren farblich und sind somit Unikate
- Eine der erste Auseinandersetzungen des Künstlers mit der Natur, welche er in voller Dynamik dem Betrachter erfahrbar macht
- Von 2016-2023 Dauerleihgabe im Museum Franz Gertsch in Burgdorf/Schweiz


1976 übersiedelt Franz Gertsch mit seiner Familie von Bern in das ländliche Rüschegg, in ein ehemaliges Bauernhaus mit einem hohen Dach, das versunken in der hügeligen Landschaft des Berner Oberlandes liegt. Das Haus bietet ihm sowohl Wohnraum als auch ein geräumiges Atelier, in dem er ungestört und mit großer Konzentration arbeiten kann. Zunächst führt Gertsch hier unverändert die Arbeit an seinen Gemälden mit den zeittypischen Szenen weiter. So entstehen hier der fünfteilige Patti Smith-Zyklus und in den achtziger Jahren die berühmten monumentalen Frauenporträts, die anders als die Bilder der Siebziger eine große Ruhe und Distanz ausstrahlen und in denen Gertsch auf vordergründige zeitgemäße Details verzichtet. Er konzentriert sich auf das Gesicht, auf die Haare, auf die Monochromie des Hintergrunds, und versteht das Thema der Frauenporträts als Landschaft. 1986 hat Gertsch anlässlich einer Ausstellung seiner Frauenporträts in Basel das Gefühl an einem Endpunkt angekommen zu sein und erkennt die Gefahr bei weiteren großformatigen Bildern in eine gewisse Routine zu verfallen. Er sucht einen neuen Weg, den er im Holzschnitt findet, eine Technik, der er sich nur in seinem Frühwerk kurz gewidmet hat.
1986 entsteht sein erster großformatiger Holzschnitt, in einer Zeit als diese Technik ein Art Revival erlebt und auch bei Künstlern wie Baselitz und Penck Anklang findet. Aber anders als bei dem Holzschnitt üblich, verzichtet Gertsch auf die schroffe Kontur der Linie und schafft durch die Verwendung eines winzigen Hohleisens tausende dreieckige, millimeterkleine Einkerbungen, die einen sanften Übergang zwischen Hell und Dunkel ermöglichen (Abb. 1). Er findet so einen Weg mit der Technik des Holzschneidens zu malen. Erforderlich ist eine (meist blau) eingefärbte Birkenholzplatte, auf die er das Motiv projiziert. Er hebt mit dem kleinen Hohleisen tausende Punkte aus der Platte heraus, wodurch er Zentimeter für Zentimeter Fläche und Hell und Dunkel evoziert. Es ist eine schwierige Technik, die einer äußersten Konzentration erfordert und, was bestimmend ist, keine Korrektur zulässt. In dem ersten Holzschnitt, noch ein Bildnis "Natascha" (1987), verwendet Gertsch drei unterschiedlich eingefärbte Platten, wodurch eine farbige Wirkung entsteht. Als er sich aus Japan großformatige Papiere beschafft, ist es ihm möglich monumentale Holzschnitte zu realisieren, oft im Format von 276 x 217 cm. Diese entstehen in seinem Atelier zu Anfang im Licht eines spiegelverkehrt auf die farbig präparierte Holzplatte projizierten Dias, und während des Arbeitsprozesses auch aus der Erinnerung. Nach Fertigstellung der Platte folgt der Druckprozess, ein aufwendiger Vorgang, da wegen des großen Formats ein ganzes Team damit beschäftigt ist, mit Glaslinsen gleichmäßig die mit Mineralfarben eingefärbte Platte zu bearbeiten. Gertsch wählt die Farbe aus und für jeden Druck jeweils neu, die er in kleinformatigen Farbproben vorbereitet (die z. Zt. in seinem Museum in Burgdorf erstmals ausgestellt sind), sodass keine Auflage entsteht, sondern jeweils einmalige Drucke. Durch die Monochromie verschwindet die Präsenz der Darstellung, was vor allem bei den Frauenporträts auffällt: Das Motiv erscheint wie hinter einem leichten Schleier in einem Farbraum, geheimnisvoll und weit weg, und zieht so den Betrachter besonders in den Bann.
Mehr als zehn Jahre nach dem Umzug nach Rüschegg, Ende der 80er Jahre, widmet Gertsch sich der Natur seiner unmittelbaren Umgebung, die bis zu seinem Tode ein Hauptthema in seinem Werk bleiben sollte. Hierbei fällt die Reduzierung des Sujets auf: Während die ersten Holzschnitte "Rüschegg" (1988/1989) und "Schwarzwasser I" (1990/1991) den Blick auf seinen Garten und einen Gebirgsbach in seiner Nähe zeigen, entstehen im Laufe der Jahre immer kleinere Ausschnitte, die in immer monumentaleren Formaten (z.B. beim Thema "Gräser" oder "Pestwurz") umgesetzt werden.
Der hier angebotenen Holzschnitt "Schwarzwasser I" (1990/1991, Ex. 4/20) zeigt einen Blick von unten auf das "Schwarzwasser", in dem sich das Sonnenlicht diagonal im Wasser spiegelt. Die kleinen Kreise im Wasser sind durch Tropfen verursacht. Gertsch hat den Augenblick selber beschrieben: "An einem Novembermorgen 1990 spazierte ich mit der Kamera den Fluss entlang. Es war neblig und es hatte den ersten Raureif zum Schmelzen. Tropfen und kleine Eisstückchen fielen von den Bäumen ins Wasser, und so entstand dieses Licht-Wasser-Spiel" (zit. nach: Angelika Affentranger-Kirchrath, Franz Gertsch. Rüschegg, Zürich 2020, S. 49) (Abb.2). Der Künstler hielt dieses fotografisch in einem Sekundenbruchteil fest, eine Situation, die er als Zeichner oder Maler nie dinghaft hätte machen können. Die Farbe "Petrol" entspricht dem Charakter des dunklen Wassers an dem bewölkten Tag, an dem die fotografische Vorlage aufgenommen wurde. Für alle Drucke von "Schwarzwasser I" hat Gertsch gedämpfte Farben gewählt, die Stimmung des Motivs berücksichtigend.
In diesem Werk gelingt es Gertsch, uns die Realität mit einem neuen Blick erfahren und verstehen zu lassen.
Mit seinen großformatigen Holzschnitten hat Franz Gertsch die Geschichte des Holzschnitts um ein eindrucksvolles Kapitel bereichert. Er hält in "Schwarzwasser I" eindrucksvoll die Realität eines kurzen Augenblicks in eine zeitlose Darstellung fest und verbindet diese mit der Abstraktion der Monochromie.
(Drs. Guido de Werd)


(1) Der Druckstock "Schwarzwasser" im Atelier Franz Gertsch
(2) Franz und Maria Gertsch am Schwarzwasser, 1994.

Profilbild Hilke Hendriksen

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